Sprachlos in Heddernheim

Ich fahr ja gern Rad – eigentlich. Zumindest wenn nicht zu viele Autofahrer um mich rum sind. Nicht dass ich Angst habe unter die Räder zu kommen (wobei eine gute Portion Respekt durchaus angesagt ist). Nein, das ist es nicht.

Es sind nicht die Autos mit ihren Abgasen, die mich um die Zukunft unseres Landes fürchten lassen; es sind die Fahrer. Ich bin von Natur aus ein eher besonnener Mensch – sofern ich meiner Selbsteinschätzung da ein Stück weit vertrauen darf. Ich besprühe keine Hauswände, schlitze nicht die Sitze von U-Bahnen auf, beschimpfe keine Schiedsrichter und habe sogar viele Jahre vollständig auf Fleisch verzichtet. Wenn ich also abends auf mein Rad steige, etwas abgekämpft vom Tag, dann freue ich mich auf ein paar Kilometer Entspannung… Erstaunlicherweise immer wieder.

Nun ist es so, dass ich auf meinem Weg zwangsläufig einige Ampeln passieren muss. Meiner bereits beschriebenen Grundhaltung folgend, neige ich dazu der Signalgebung zu folgen, was mir mitunter schon den Ruf eines Radspießers eingebracht hat. Es gibt aber so ein paar Ampeln, die nur für Fußgänger da sind. Wenn ich auf eine solche Ampel zurolle, sehe, dass weit und breit keine kleinen Mädchen und auch keine gebrechlichen Rentnerinnen vom Recht der Straßenüberquerung Gebrauch machen möchten, dann kommt es vor, dass ich in Sorge um meine kinetische Energie meinen Rädern freien Lauf lasse und mit wachsamem Blick – ja ich gebe es zu – bei Rot über die Ampel fahre.

Ich kann relativ sicher sein, dass zumindest einer der zum Halten verdammten Autofahrer in heftiges Hupen ausbricht. Mitlerweile habe ich mich ganz gut drauf eingestellt. Es gab aber Zeiten, da hat mich dieser akustische Sturm der Entrüstung nahezu vom Rad geweht. Nun ist es damit selten getan. Sobald die Ampel auf grün springt, peitscht mir der Huper hinterher und mit runtergelassenem Fenster und minimalem Sicherheitsabstand bricht er in wüste Beschimpfungen aus, die nicht selten darin gipfeln, dass mir bei erneutem Vergehen körperliche Gewalt angedroht wird.

Tja, und wie fühlt man sich dann? Wütend? Belustigt? Traurig? – Meist einfach nur sprachlos.

Veröffentlicht in Privat!

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